Mittwoch, 30. Dezember 2015

Meine Worte



Sorgenlos
Gelassenheit
Fingerspitzengefühl
Das waren also meine Worte 2015. Am Anfang des Jahres ausgesucht, die mich durch dieses Jahr begleiten sollten.

Was soll ich sagen: Sie haben wieder einmal gepasst - nicht nur die Worte, sogar das Layout. Auf meinem Ausdruck mit den Worten, der zur Erinnerung im Büro an der Schrankwand hängt, sieht man im HIntergrund eine Frau an einer Kleiderstange nach Kleidungsstücken suchend. Die Kleiderstange spielte ja in den letzten zwei Monaten eine nicht unerhebliche Rolle.

Und jetzt wieder die Frage für die nächsten zwei Tage: Was werden die drei Worte für das Jahr 2016? Ich bin gespannt!

Sonntag, 27. Dezember 2015

Selbsterkenntnis

Man kann, um sich selbst besser kennen zu lernen, einen Selbsterfahrungskurs machen. Kostet unter Umständen viel Geld und hat wenig Erkenntniserweiterung.

Man kann aber auch die gesamte Verwandtschaft zu sich nach Hause in ein Wohnzimmer einladen, das gefühlt zu eng ist  und dann mal sehen was passiert. Das kostet auch etwas, aber ist bestimmt tausend mal lustiger und hat eine hohe Erkenntniserweiterung!

Wir wählen heute mal die letztere Variante - und freuen uns sehr auf die Verwandtschaft! 

Na dann - Frohes Fest!

Samstag, 26. Dezember 2015

Herzensangelegenheiten

Gedanken zum Weihnachtsoratorium 3. Teil



Herzensangelegenheiten 
Es ist eine Menge Dunkelheit in unserer Welt und wir alle haben irgendeine Dunkelheit, vor der wir davonrennen. Deshalb brauchen wir immer wieder Momente, die uns zu Herzen gehen. 
„Herz über Kopf“ – nicht nur im Radio ein Hit. 
Herzlichkeit ist gefragt – gesucht.
Das Weihnachtsoratorium kann einem zu Herzen gehen, die Musik, die Texte, das Gesamtkunstwerk.
Eine musikalische und theologische Meisterleistung Bachs.
Heute im 3. Teil geht es um das Herz, Begebenheiten die zu Herzen gehen.

Die Herzen der Hirten:
Die Musik hat ges deutlich gemacht - Diese Sache duldet keinen Aufschub – nichts wie hin. Wenn Gott unsere Herzen berührt, dann bringt uns das in Bewegung. Dann bleiben wir nicht an den Orten wo wir sind, dann gehen wir los, dann verändert Gott uns.
Hingehen – sehen – erzählen. Eine Herzensbewegung

Das Herz Marias
Sie ist schon länger mit Gott unterwegs. Sie hat einen ganz besonderen Auftrag. Und all das, was sie von Gott weiß und erfahren hat, trägt sie in ihrem Herzen.
Sie ist bewegt von dem, was sie mit Gott erlebt. Sie ist berührt davon, wie Gott handelt. Und sie ordnet all das ein in ein großes Ganzes - findet darin einen Sinn für sich und die Welt, wird so zur Prophetin für uns heute.

Das Herz Gottes
Das wohl größte Geschenk, das uns gemacht wird. Dort an der Krippe erfahren wir etwas von Gottes Gedanken und seinem Sein. Er offenbart sich uns als einer, der Sehnsucht hat – Sehnsucht nach uns Menschen. In der Kantate wird ein großer Teil über den Trost in den Bibeltext eingeschoben.
Wer Tröstet hat ein Herz für den Menschen, der Trost bedarf. Trösten kann man nur, wenn man sich den Menschen zuwendet, wenn es mir nicht egal ist, wie es meinen Mitmenschen ergeht. Wenn ich Trost spende, begebe ich mich auf gleiche Augenhöhe mit dem, der getröstet wird.
Dass Gott Trost spendet zeigt, beschreibt eine besonders innige Seite Gottes, die weit über liebevolle Worte und Gesten hinausgeht:
Trost ist ein umfassendes Geschehen.
Trost braucht Berührung – Begegnung. Ich kann nur schwer aus der Ferne und ohne innere Beteiligung trösten.
Es ist die Antwort auf das wohl ungeduldigste Adventslied das es gibt: Oh Heiland reiß die Himmel auf. – darin: Wo bleibst du Trost der ganzen Welt.

Hier ist er. Die Hirten haben ihn gefunden – wir sind eingeladen unsere Herzen von dem berühren zu lassen, dessen Herz für uns schon lange brennt.

Weihnachten ist eine Herzensangelegenheit. Für Gott, für mich für dich.

(gehalten 26.12.2015 Ev. Stadtkirche S-Vaihingen)

Freitag, 25. Dezember 2015

Gott spricht!

26. Tag (1. Weihnachtsfeiertag)


Hebräerbrief 1,1-3 (Basisbibel)

"Viele Male und auf vielfältige Weise hat Gott einst durch die Propheten zu den Vorfahren gesprochen. Aber jetzt, am Ende dieser Tage, hat er durch den Sohn zu uns gesprochen.Ihn hat er zum Erben von allem eingesetzt. Durch ihn hat er auch die Welt geschaffen.Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens.Durch sein machtvolles Wort trägt er die ganze Welt. Er hat die Reinigung von den Sünden bewirkt. Dann hat er sich an die rechte Seite der Majestät Gottes in den Himmelshöhen gesetzt."


Hallo Gott!
Entschuldige, wenn ich so einfach hier reinplatze, aber mir ist gerade danach, mit dir zu reden.
„Euch ist heute der Heiland geboren, Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens!“ So hast du zu den Hirten auf dem Feld die Engel sagen lassen.

Irgendwie ja schon verrückt der Gedanke, dass du zu uns sprichst. 
Obwohl - wenn ich mir die Bibel zur Hand nehme - da bist du ja ständig am Reden.
Schon ganz am Anfang - du sprichst - und es entsteht. Du sagst etwas - und Neues ist geschaffen. Einfach so.
Unglaublich!
Oder Abraham - was hast du wohl zu im gesagt, dass er seine Sachen einfach so packen konnte und sich auf den Weg machte....
Und Mose - du unterhältst dich nicht nur mit ihm, er bekommt von dir auch die Lebensordnung für ganz Israel.
Oder die Propheten - Ansprechpartner für Krisensituationen und Umbrüche im Leben deines Volkes. Deine Sprachverstärker!
Tja - da hast du geredet - laut und deutlich. Hey, wenn ich ehrlich bin, das würde ich gerne auch mal erleben!
Kannst du mal mit mir reden? Ich hätte Sehnsucht danach. 
Wie? Du sprichst schon? Du wirst nicht gehört?

Wie muss sich das wohl für dich anfühlen, wenn du nicht gehört wirst?
Ist das so ähnlich, wie wenn meine Kinder mich und meine Wortflut mal wieder einfach ignorieren? 
War auch deshalb das Kommen deines Sohnes notwendig? Weil Taten manchmal lauter sprechen als die Worte?

Deshalb hast du deinen Sohn als ein Kind in die Welt kommen lassen, klein und verletzlich. Du machst dich angreifbar, bleibst nicht in deiner Höhe, sondern begibst dich auf unsere Augenhöhe. Und deine Liebe wurde sichtbar.
Das sieht man - dein Sohn, ein Abglanz deiner Herrlichkeit, ganz der Vater! Seine Sprache haben die Aussenseiter gut verstanden, da braucht es nicht viel Worte. Mit seiner Liebe traf der die Menschen mitten ins Herz – punktgenau! Seine Worte hatten heilende und befreiende Kräfte. Es war sich nicht zu schade, um die Höhen und Tiefen des Menschseins zu erfahren. In ihm warst du da. Du weintest die Tränen der Menschen, du warst in ihrer Angst, denn du hast mitgelitten. Du warst in der Not. Du warst in ihrem Tod, denn du hast in deinem Sohn selbst den Tod erlebt – aber auch überwunden. 
Du hast dich verschenkt.

Trotzdem - kannst du mal mit mir reden?
Hmm, du meinst also, dass ich dich nicht höre, weil ich zu beschäftigt bin?
Etwas weniger Worte meinerseits und mehr hören wäre auch hilfreich?
Vielleicht braucht es ja wirklich gar nicht so viele Worte. 
Ich ahne, dass dein Schweigen auch daher kommt, dass du mir nicht ins Wort fallen willst und du nur darauf wartest, dass ich mit Reden fertig bin.
Und manchmal habe ich das Gefühl, dass du deshalb auch nicht mehr sagst, weil eben schon alles gesagt ist und mein Handeln gefordert ist.
Wobei ich zugeben muss, dass die Angst vor der Veränderung meine Ohren hin und wieder verstopft. Ja, ich habe Angst, dass dein Reden Konsequenzen hat, mein bequemes Leben durcheinander wirbeln wird. Und ich hätte eigentlich schon gerne das Heft meines Lebens in der Hand. 
Zugegeben: Ich höre dich nicht, weil.... 
Ach, vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig....
Du hast schon gesprochen - du sprichst durch deinen Sohn.

Kannst du dich mal bitte um meine Ohren kümmern? Ich schweige jetzt

Stille

Amen




(gehalten am 25.12.2015, Pauluskirche Stuttgart-Vaihingen)


Donnerstag, 24. Dezember 2015

Nichts mehr zu machen!?

25. Tag (Heiliger Abend)


Da ist nichts mehr zu machen – aus, vorbei!
Die Kündigung liegt auf dem Tisch – die Kinder sind verstummt, die Mutter sorgt sich und der Vater ist eben mal Zigarettenholen gegangen.
Dieses Weihnachtsfest ist kaputt – die Angst hat den Raum erfüllt und nichts erinnert an „Fürchtet euch nicht!“

Da ist nichts mehr zu machen – aus, vorbei!
Der Schulverweis ist ausgesprochen – der Vater tobt, die Mutter weint, der Teenie bockt. Dieses Weihnachtsfest ist kaputt und die Stimmung erinnert eher an Krieg als an „Friede auf Erden.“

Da ist nichts mehr zu machen – aus, vorbei!
Austherapiert – dieses Wort hängt im Raum. – Letzte Station Hospiz.
Dieses Weihnachtsfest wird das Letzte sein – wer hat etwas von „den Menschen seines Wohlgefallens“ gesagt?

Da ist nichts mehr zu machen - aus, vorbei!
Auf dem Meer bei der Flucht, als das Wasser ins Boot schlägt und der Wellengang hoch ist. Die Kraft fast am Ende - Verzweiflung in den Gesichtern - und der Gedanke: Es ist egal, wo du stirbst.

Da ist nichts mehr zu machen – du änderst dich doch nicht und nebenan im Radio dudelt ein Werbejingle: „Ich will so bleiben, wie ich bin! – Du darfst!“
Will ich wirklich so bleiben, wie ich bin? Denn viel zu oft ertappe ich mich dabei, dass das Bild, wie ich gerne wäre nicht mit der Realität zusammenpasst. Ich würde gerne freundlicher, liebevoller, fürsorglicher, langmütige, geduldiger sein....
Und dann stehe ich mir doch wieder selbst im Weg.
Wir alle – unsere Welt: ein hoffnungsloser Fall?

Nein, sagt der Schreiber des Titusbriefes:
Titus 2, 11-14 (nach Basisbibel):

"Denn die Gnade Gottes ist erschienen, die allen Menschen Rettung bringt.
Sie bewegt uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen.
Dann können wir in der jetzigen Zeit als besonnene und gerechte Menschen leben und unseren Glauben ausüben.
Gleichzeitig warten wir darauf, dass die Hoffnung in Erfüllung geht, die uns glückselig macht 
und darauf, dass die Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Jesus Christus erscheint.
Der hat sein Leben für uns gegeben. So hat er uns von allem erlöst, was aus der Gesetzlosigkeit entsteht. Und so wollte er sich ein reines  Volk erschaffen, das ihm gehört – ein Volk, das nur darauf aus ist, Gutes zu tun."

Da gibt es also immer noch Entwicklungspotential nach oben. Du musst nicht bleiben, wie du bist! Die Gnade Gottes verändert, wirkt an dir. Deine Sehnsucht kann gestillt werden. – es muss nicht bleiben, wie es ist. Gott legt dich nicht fest.

Er nimmt uns an wie wir sind, und er lässt uns nicht unverändert. Gott legt uns nicht fest auf das was war. Er schenkt uns unseren Retter.
Das Kind in der Krippe zeigt uns, dass wir zu besonnenen, friedvollen Menschen werden können. Nicht weil wir es müssen!
Die Gnade Gottes befähigt uns – ertüchtigt uns, ein Leben zu führen, wie Gott sich das für uns ausgedacht hat.
Gott nimmt uns bei der Hand, führt uns ein in das Leben – erzieht, indem er sich selbst hingibt.
Gott nimmt uns an die Hand. Nicht wie ein schlechter Lehrmeister mit Peitsche und erhobenen Zeigefinger.
In einem Kind kommt Gott uns nahe und macht sich verletzlich, liefert sich aus, gefährdet sich.
Wer so „erzieht“, ist auf gleicher Augenhöhe. Wer so "erzieht", lebt aus der Liebe. 
Doch – da geht etwas. Ein Retter der Situation, ein Retter der Welt, unser Retter ist heute zur Welt gekommen. Gott hat sein bestes Wort gesprochen: "Ich liebe dich Welt und dich Mensch. Ich bin deine Zeit. Ich weine deine Tränen. Ich bin deine Freude. Ich bin in deiner Angst, denn ich habe selbst mitgelitten. Ich bin in deiner Not. Ich bin in deinem Tod. Ich bin immer für dich da! Und ich gehe nicht mehr weg." - Das alles meint Gnade.

Doch! Da geht noch etwas!
Die Ungewissheit vor der Zukunft lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber die freundliche Nachfrage des Nachbars und das „Fress-Paket“, das jemand einfach vor die Türe gestellt hat, ist ein kleines Hoffnungslicht angesichts der Arbeitslosigkeit. In der Kirche beim Kleider-Café, war jemand, der angeboten hat, bei der Arbeitssuche zu helfen und mit auf die Behörden zu gehen.  
Heute ist unser Retter zur Welt gekommen!

Doch! Da geht noch etwas!
Von dieser Schule ist er nun geflogen – aber auf einmal sitzen sie dann doch am Familientisch zusammen. Sie kommen ins Reden. Nicht über Vorwürfe, sondern über Verletzungen, Befürchtungen, Sorgen, Enttäuschungen und Mangel. Langsam beginnt das Wahrnehmen der anderen am Tisch. Ein weiter Weg liegt noch vor ihnen – aber sie wollen es gemeinsam schaffen.
Heute ist unser Retter zur Welt gekommen!

Doch! Da geht noch etwas!
Ja, es wird das letzte gemeinsame Weihnachtsfest sein. Aber sie werden es bewusst gestalten. Noch einmal ganz viel Zeit miteinander verbringen. Im Hospiz hat jemand nach dem Lieblingsessen gefragt. Das wird ihnen gekocht werden. Prioritäten verschieben sich. Was jetzt noch zählt ist die Liebe, die sie einander geben können und die Erinnerungen an das Schöne. Was noch trennt, soll ausgeräumt werden.
Heute ist unser Retter zur Welt gekommen!

Doch! Da geht noch etwas!
Auf ihrer Flucht begegnen ihnen immer wieder Menschen, die sie als Menschen sehen und die ihnen helfen, wo es gerade nötig ist - mit Kleidung, mit warmen Getränken in den kalten Nächten, mit einer Notunterkunft provisorisch in einer Kirche eingerichtet, mit ersten Deutschunterrichtstunden, mit einem offenen Ohr für ihre Sorgen, mit einem warmherzigen Lächeln.
Heute ist unser Retter zur Welt gekommen!


Doch! Da geht noch etwas!
Ich muss nicht bleiben wie ich bin, durch Gottes Liebe kann ich mich verändern lassen – heute und all die Tage, die vor mir liegen.

Heute ist mein Retter zur Welt gekommen!
Amen.


(gehalten am 24.12.2015 in der Pauluskirche, Stuttgart-Vaihingen)