Samstag, 24. Dezember 2022

Bildteppich: Ingeborg Hetzner

 

Lukas 2, 1-20                                                                      (es gilt das gesprochene Wort)

(Pastorin sitzt im Sessel neben der Krippe)

Kommt – setzt euch zu mir und hört diese alte Geschichte – wie in jedem Jahr und doch wieder neu. Kommt – setzt euch zu mir und lasst diese alte Geschichte neu zu euch sprechen. Gott spricht durch sie und wir kommen in ihr vor. 

Weihnachten geht uns zu Herzen. Manchmal geht es uns auch auf die Nerven. Und ein anderes Mal sperrt sich unser Kopf. 

Kommt, lasst uns das Geheimnis dieses Festes, dass Gott mit Haut und Haar Mensch wird und unter uns lebt, entdecken. 

Textlesung: Lukas 2, 1-20: 


Es begab sich aber zu der Zeit

Jetzt war die Zeit reif. Jetzt konnte es geschehen, dass Gott zu seinem Menschen kam. Er wollte nicht mehr der ferne Gott sein, nicht mehr weit oben in den höchsten Höhen des Himmels, ferner und grösser als wir, unerreichbar über uns thronend. Er wollte zu seinen Menschen kommen und er wollte ihnen zeigen, dass er sie nicht nur hin und wieder besucht. Nein, er wollte bei Ihnen wohnen und mit ihnen sein. Seine Sehnsucht trieb ihn hinab auf die Erde – zu seinen Menschen, zu mir und dir. Jetzt!


Die da heißt Bethlehem

Aber was kann aus Bethlehem schon Gutes kommen? Bethlehem dieses kleine Nest. Da will Gott zur Welt kommen? Kaum zu glauben. Gottes Geschichte ist manchmal sehr surreal und manches Mal völlig unfassbar. Klein, unscheinbar und in der Gefahr, übersehen zu werden, so wie die meisten Menschen auf dieser Erde. 

In diesen kleinen Ort kommt Gott nun auf die Welt. Mitten im Dreck und in das Glück einer kleinen Familie. Wird Mensch - ganz wie wir: manches Mal im Glück, oft genug im Dreck. Schaut: Jesus wurde nicht in geschmückten Wohnzimmern geboren. Sondern irgendwo da draußen. Welch ein Trost. Auch wenn mir gar nicht weihnachtlich zumute ist: Jesus will heute bei mir in meine Welt kommen.


Maria war schwanger

Das Leben ist zerbrechlich. Jedes neugeborene Kind zeigt uns das. Jedes Mal ein Wunder. Sie bekommt ihr Kind nicht in einem Krankenhaus, nicht in einem Geburtshaus, nein ganz schlicht und einfach so wie viele Frauen vor ihr und viele Frauen auch nach ihr. Dort wo sie eben gerade ist. In einem Stall bekommt sie ihr Kind. Sie legte es in den einzigen sicheren Ort den es gibt: die Krippe. Nichts besonderes und doch besonders. Sicher durchfuhr auch Maria und Josef ein Schreck – wie so viele neu gewordene Eltern, wenn sie ihr Kind das erste Mal in den Händen halten. Ob alles gut gehen wird? Ob sie diesem kleinen, zerbrechlich wirkenden Wesen gerecht werden können? Und mit dem Erschrecken spüren sie die große Verantwortung, die nun in ihre Hände gelegt wurde. Keine Krippe ist für Jesus zu klein. Kein Mensch zu unbedeutend, zu gering, zu wertlos, zu irgendwas... 


Draußen auf den Feldern 

Bei den Schafen sind die Hirten. Sie machen Ihren Job. So wie es sich gehört. Dafür sind sie angestellt. Es ist mitten in der Nacht. Plötzlich ist da eine helle Lichtgestalt. Was kann das sein? Sie erschrecken. Plötzlich ist etwas anders als sonst all die anderen Zeiten. Aus dem alltäglichen Trott herausgerissen - da bleibt nur der Schreck. Aus dem alltäglichen Trott herausgerissen, erschrecke ich. Mir fährt es durch Mark und Bein. Ich spüre: jetzt ist die Zeit diese Nachricht betrifft mich. Ich kann nicht so tun, als ob ich die Ohren zu hätte und sie nicht gehört hätte. Jetzt ist die Zeit. Du bist gemeint. Mitten in meinen Alltag - manchmal so voller Liebe, oft genug aber auch voll Hass. Manchmal den Frieden suchend oft genug aber auch auf das eigene Wohlergehen und das Vorwärtskommen mehr bedacht, als auf das Wohl der Menschen um mich herum, kämpfend, überlegen und den eigenen Vorteil ausnutzend, zerrissen zwischen Gut und Böse. Da trifft mich ein Wort, ein Lied, ein Text, eine Nachricht, eine Begegnung. Das Erschrecken rüttelt mich aus meiner Alltäglichkeit. Es öffnet mir die Augen. Ich bleibe stehen. Wer oder was spricht da zu mir? Strahlend und klar leuchtenden unendlich schön, nicht zum Fassen. Kein Glück der Welt kann Gottes Schönheit und Klarheit beschreiben, alles an ihm ist gut. Friede und Ruhe, Gerechtigkeit und Frieden, Liebe. Und ich weiß: jetzt wird alles gut. 

Manchmal kann ich Engelchöre singen hören. Manchmal sehe ich die Menge der himmlischen Heerscharen, die Gott loben. Nicht direkt, vielleicht wie so ein kleiner Impuls: jetzt spricht Gott mit dir.


Eilen, um zu sehen

Und dann geschieht das Beste was uns passieren kann. Der Graben zwischen Gott und Mensch wird überbrückt. Gottes Arme umfangen uns. Unsere Sehnsucht nach Liebe wird gestillt. Frieden zieht ein in mein Herz und in meiner Umgebung. Liebe kann ich mir schenken lassen, genügend, dass ich davon weitergeben kann, ohne Ende. Im Überfluss.


(Pastorin sitzt im Sessel neben der Krippe)

Kommt, setzt euch zusammen, heute abend – oder morgen - erzählt euch diese alte Geschichte und erzählt euch eure Geschichte, als Jesus der Retter bei euch geboren wurde. Erzählt von eurem heiligen Erschrecken und dem Glück, Jesus gefunden zu haben. Keine Angst, eure Geschichte ist nicht zu klein oder zu unscheinbar – denkt an Bethlehem oder die Hirten oder jenes junge Paar, das zum ersten Mal Eltern wurde. Vertraut darauf: keine Krippe ist für Jesus zu klein – genau dort zeigt sich Gott.