Montag, 8. Juli 2019

Was für ein Vertrauen!

Predigt zum Gottesdienst im Grünen 2019 – gehalten am 30.06.2019 am Wöhrder See, Nürnberg


Markus 4, 35-41
35 Am Abend dieses Tages
sagte Jesus zu seinen Jüngern:
»Wir wollen ans andere Ufer fahren.«
36 Sie ließen die Volksmenge zurück.
Dann fuhren sie mit dem Boot los,
in dem er saß.
Auch andere Boote fuhren mit.
37 Da kam ein starker Sturm auf.
Die Wellen schlugen ins Boot hinein,
sodass es schon volllief.
38 Jesus schlief hinten im Boot auf einem Kissen.
Seine Jünger weckten ihn
und riefen:
»Lehrer! Macht es dir nichts aus,
dass wir untergehen?«
39 Jesus stand auf,
bedrohte den Wind
und sagte zu dem See:
»Werde ruhig! Sei still!«
Da legte sich der Wind
und es wurde ganz still.
40 Und Jesus fragte die Jünger:
»Warum habt ihr solche Angst?
Wo ist euer Glaube
41 Aber die Jünger überkam große Furcht.
Sie fragten sich:
»Wer ist er eigentlich?
Sogar der Wind und die Wellen
gehorchen ihm.«

Eigentlich ist das keine Vertrauensgeschichte. Es ist eine Geschichte von Enttäuschungen.
Deshalb ist es auch meine Geschichte und Gottes Geschichte mit mir. Ich kenne das: enttäuscht zu werden – und ich kenne es zu enttäuschen, sowohl Menschen wie auch Gott. Deshalb bin ich auch ganz bei der Kollegin Sandra Bils, die bei ihrer Predigt zum Abschluß des Kirchentages davon sprach, dass wir „Gottes geliebte Gurkentruppe sind.“ 
Wie kommt es zu den Enttäuschungen in unserer Geschichte?
Mit Jesus im Boot – die Jünger sind zufrieden. Sie hatten ja schon einiges erlebt. Auch an diesem Tag. Klar fahren sie mit Jesus über den See. Kein Problem!
Mit Jesus im Boot bei schönen Wetter – das ist easy – das kann jeder*r
Das ist so einfach – dass Markus es bewusst erwähnt, dass Jesus schläft. Alles bestens – alles gut!
Meine Söhne würden sagen: Die chillen ihr Leben. 1000 mal so gemacht – 1000 mal nix passiert.
Das kenne ich: mein Lebensboot gleitet dahin, die Gemeindearbeit – unser Kirchenboot es gleitet dahin.
Doch dann taucht aus dem heiteren Himmel ein Sturm auf. Nichts ungewöhnliches in dieser Gegend – und den Fischern untern den Jüngern vertraut und bekannt.
Auf einmal ist neben Jesus auch Wasser im Boot. Das sollte nicht sein! Eine ernsthafte Ent-Täuschung! Nix mehr mit easy! Wasser im Boot war so nicht vorgesehen. Da hatten sich die Jünger wohl ge-täuscht.
Mit dem Wasserspiegel steigt auch die Aufgeregtheit.
Auch das kenne ich – kennen wir. 
Eine schlimme Diagnose, Streit und Uneinigkeit in der Gemeinde – Sorge um Kirchenspaltung
Wir haben in unseren Gemeinden Menschen, die vor Verfolgung geflohen sind, weil sie nicht öffentlich zu ihrem Glauben zu Jesus Christus stehen können in ihrem Heimatland.
Und auch bei uns merke ich, dass die Angst zu meiner Meinung zu stehen steigt. Es scheint gefährlich geworden zu sein, davon zu sprechen, dass man Menschen nicht ertrinken lässt. Punkt!
Da kann ganz schnell dann das Wasser im Boot steigen. – 
Ich frage mich, ob wir nicht sogar mit unserem Stillhalten und der Angst vor dem Sturm manchmal meinen, den Sturm verhindern zu können?!
Am besten soll alles bleiben, wie es ist! – das könnte der Punkt sein, an dem vielleicht dann Gott von uns ent-täuscht sein könnte!
Nur den Sturm vermeiden – nicht in stürmische Wasser geraten!

Aber das Leben ist so nicht. Stürme kommen und gehen – das ist das Leben! Auch mit Jesus im Boot!

Die Frage ist doch deshalb: Was machen die im Boot? Was machen wir im Boot?
Dieses mutlose darüber reden, dass die Kirche heute nichts mehr bewirken kann, dass wir halt in einer gottlosen Zeit leben?
Dass die Frau, die auch nach Jahren noch um ihre toten Kinder trauert sich endlich zusammenreißen soll?
Dass heute keine neuen Wunder mehr passieren? 
Dass wir uns damit abfinden sollen, dass Kirche eben Auslaufmodell ist?
Dass wir halt klein sind, alt, müde und eben nichts mehr reißen können?
Dass wir uns gegenseitig als Kirchen und Christen den Glauben nicht glauben und anderen Formen zu glauben schlechtreden.?

Das scheint mir wie hektisches Wasserschöpfen. 
Hektik vertreibt klare Gedanken – und Gelassenheit. Der Gereiztheitspegel steigt mit dem Wasserpegel. Keine gute Kombination. Nicht überlebensfördernd und nicht Friedensstiftend.
Ich frage mich, wo die Kompetenz der Fischer in dieser Geschichte ist? Ist es das, was Jesus enttäuscht fragen lässt, wo ihr Glaube ist?
Ist es das, was da in dem Boot passiert ist? Und das nennt Jesus Unglauben.

Was könnte passieren, wenn wir uns statt gegenseitig fertig zu machen, schlecht übereinander reden, runterziehen, hinten rum reden, ... an das erinnern würden, was wir im Boot haben? Unsere Gaben, unsere Kompetenz, unseren Mut und vor allem Jesus!
Was wenn wir anfangen würden in den großen und kleinen Krisen und Nöten uns gegenseitig daran zu erinnern, dass wir nicht alleine im Boot sind, und gegenseitig aufbauen und ermutigen und im Glauben stärken, weil Jesus mit im Boot ist!
Stellt euch das mal vor, was passieren würde, wenn wir gemeinsam überlegen würden, wie wir in unseren Stadtteil Gottes Liebe hineintagen könnten – statt zu jammern, dass Kirche nicht angesagt ist.
Stellt euch das mal vor, Gemeinden in denen Menschen getröstet werden, Kinder willkommen sind, Fremden geholfen wird – und Verzagte daran erinnert werden, dass Jesus im Boot ist.
Stellt euch das mal vor, wenn Gemeinden, Kirchen mutig Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit, für einen lebenswerten Stadtteil und nicht zögern und zaudern, sondern dem Sturm entschlossen in die Augen sehen, weil sie wissen, dass Jesus im Boot ist.
Stellt euch so eine Welt einmal vor! Was für ein Zeichen! Was für ein Vertrauen.
Mit Jesus im Boot und dem Glauben / Vertrauen, dass , wenn wir gar nicht mehr weiterkommen Jesus nicht mehr schläft. Denn der, der Wind und Wellen beherrschen kann, wird auch das Boot mit ihm nicht untergehen lassen.
Was für ein Vertrauen!
Amen